Denk- und Produktionsort
Anna Zett & Hermann Heisig – "Resonanz - Postsozialistische Gruppenimprovisation"

Seit 2020 entwickeln Anna Zett und Hermann Heisig gemeinsam das künstlerische Forschungsprojekt Resonanz – Postsozialistische Gruppenimprovisation, anfangs mit Unterstützung durch das Berliner Förderprogramm Künstlerische Forschung/gkfd. In einer Spielsituation mit wechselnden Teilnehmer_innen werden persönliche Assoziationen zum Thema Postsozialismus auf verbaler und non-verbaler Ebene gemeinsam aktiviert, beantwortet, losgelassen und in Bewegung versetzt.

Anna Zett
Anna Zett, geboren 1983 in Leipzig, ist Künstlerin, Autorin und Initiatorin kollaborativer Spielformate. Ihre Praxis verbindet analytische Subjektivität und formale Klarheit mit einer offenen, körperlichen Herangehensweise. Dabei entstehen u.a. Videos, Texte, Hörstücke, Installationen und partizipative Formate. Von Poesie und Collage kommend begann sie während ihres transdisziplinären Studiums (M.A. Humboldt Universität Berlin) Filme zu machen. Seit 2014 werden ihre Arbeiten in internationalen Kunstkontexten gezeigt. Zu ihren Veröffentlichungen zählen zwei experimentelle Hörspiele (BR 2017, DLF 2015) und die literarische Textsammlung Artificial Gut Feeling (Divided Publishing, 2019). Seit einigen Jahren spielt die Beschäftigung mit postsozialistischer Identität eine zentrale Rolle in ihrer Arbeit.

Hermann Heisig
Hermann Heisig ist Choreograf, Tänzer und Performer. 1981 in Leipzig geboren, begann er sich dort Ende der 90er Jahre für zeitgenössischen Tanz zu interessieren und führte zahlreiche autodidaktisch entstandene Soloperformances in Galerien und Clubs auf. Daraus entstand ein eigenwilliges Bewegungsvokabular, das sich Effizienz widersetzt und aus Elementen des Kontrollverlusts, sowie freiwilliger und unfreiwilliger Komik Funken schlägt. Mit seinen choreografischen Arbeiten ist er seit über 15 Jahren in Europa und darüber hinaus tätig.

kuenstlerischeforschung.berlin
www.annazett.net

In ihrer partizipativen Forschung entwickeln die Künstlerin und Autorin Anna Zett und der Performer und Choreograph Hermann Heisig seit 2020 ein offenes Spielformat für kleinere und größere Gruppen. Persönliche Assoziationen zum gescheiterten Staat DDR, wo die Initiator:innen in den 1980er Jahren aufgewachsen sind, werden gemeinsam aktiviert, beantwortet, losgelassen und in Bewegung versetzt. Je nach Zusammensetzung der Gruppe erweitert sich der thematische Kontext von der DDR auf den internationalen „Osten“. Räumlicher Rahmen einer RESONANZ Versammlung ist ein offenes Spielfeld mit 4 modifizierten Stühlen, gestaltet von der Designkollaboration wkc (Romy Kießling & Ebba Fransén Waldhör). Im Gegensatz zu einer Gesprächsrunde ist der Ablauf formal durch simple Spielregeln und Instrumente strukturiert, die allen gleichberechtigt erlauben mit verbalen und nonverbalen Mitteln bewusst in Kontakt zu treten. Im Wechselspiel von dialogischem Erzählen und freier Improvisation entfaltet sich postsozialistisches Gedächtnis hier als ein zwischenmenschlicher, energetischer Prozess. Auf einer Versammlung kommen unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven miteinander in Berührung und im Zwischenraum entsteht eine flüchtige Performance, auf die jede:r Einzelne Einfluss nimmt und für deren Verlauf alle Beteiligten gemeinsam die Verantwortung tragen. Ziel des Langzeitprojekts RESONANZ ist es, dem ideologisch überladenen und – oftmals unbewusst – von Gewalterfahrung geprägten Ost-Diskurs neue Imaginationsräume zu öffnen, sowohl auf der persönlichen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene. Diesen Jahr steht dabei die affektive Dynamik in Gruppenprozessen im Zentrum: Wie gehen wir mit der Angst um, die die offene Arbeit in größeren Gruppen immer begleitet, gerade wenn es um politisch belastete Themen geht? Wie lässt sie sich spüren, halten, kommunizieren, nutzen, transformieren? Die Präsenz der ländlichen Umgebung wird dabei zur einer Mitspielerin im Prozess – mit menschlichen und nicht-menschlichen Impulsen.

Credit:
Foto: Silke Briel

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