Denk- und Produktionsort
Awareness-Konzept

AWARENESS KONZEPT

für Mitarbeitende, Bewohner*innen und Gäste
(Stand Mai 25)

Einleitung

Libken ist ein Residenz- und Begegnungsort in Brandenburg, der als offener Raum für Menschen unterschiedlicher Hintergründe ins Leben gerufen wurde. Hier kommen Menschen zusammen, um zu arbeiten, zu leben und sich auszutauschen.
Um eine respektvolle und angenehme Umgebung in Libken zu gewährleisten, gibt es einige Werte und Regeln, die wir von allen beachtet wissen wollen.

Dieses Awareness-Konzept basiert auf dem Code of Conduct und legt fest, welche Verhaltensweisen nicht toleriert werden und welche Konsequenzen bei Verstößen zu erwarten sind. Außerdem gibt es Betroffenen und Mitarbeitenden Handlungsanweisungen für Konfliktsituationen.

Werte, Regeln, Red and Yellow Flags

Unser Code of Conduct beschreibt im Detail unsere Haltung, Werte und Ziele. Bitte lest ihn aufmerksam durch und nehmt ihn euch zu Herzen. Respekt der eigenen und der Grenzen anderer Menschen sind uns wichtig. Was für dich in Ordnung ist, kann für andere Personen eine Grenzüberschreitung darstellen. Respektiere die Grenzen anderer und handle nur mit deren Zustimmung. Ein „vielleicht“ oder fehlende Zustimmung zählt nicht als Ja. Übernimm Verantwortung für dein Handeln, auch wenn Fehler unbeabsichtigt geschehen. Es ist wichtig, sensibel auf die Gefühle betroffener Personen zu reagieren und zuzuhören.

Wir tolerieren kein Verhalten, das gegen die Grundwerte von Respekt und Miteinander verstößt. Dazu gehören körperliche Gewalt und Gewaltandrohung, bewusster Sexismus und Rassismus, Diebstahl, Betrug, mutwillige Sachbeschädigung, sowie andere Diskriminierungsformen. Ebenfalls unerwünscht sind exzessiver Drogen- und Alkoholkonsum, der dazu führt, dass andere Menschen sich nicht mehr sicher fühlen. Um zu verdeutlichen welche Verhaltensweisen, welche Konsequenzen nach sich ziehen, haben wir sie in Red und Yellow Flags eingeteilt.

Bei einem Konfliktfall gehen wir wie folgt vor: Eine Person aus dem Awareness-Team begleitet die betroffene Person, während eine andere den Austausch mit der beschuldigten Person übernimmt. Beide Rollen sind strikt voneinander getrennt, um eine unabhängige Betreuung zu gewährleisten.

Red Flags, Verhalten, das eine klare rote Linie darstellt, die zu einem Ausschluss aus der Situation oder sogar vom gesamten Aufenthalt in Libken führen kann, sind:
– körperliche Gewalt
– Gewaltandrohung
– bewusster Rassismus und Sexismus
– Diebstahl
– Betrug
– mutwillige Sachbeschädigung
– nachhaltige, bewusste Schädigung oder Stören des Projekts

Yellow Flags, Verhalten, das angesprochen, im Kontext beobachtet und mit den Involvierten reflektiert wird:
– verbale oder psychische Gewalt
– verbal grenzüberschreitendes Verhalten
– unbewusste bzw. unreflektierte rassistische und sexistische Äußerungen

Wer in diesen Fällen nicht bereit ist, sich mit dem eigenen Verhalten auseinanderzusetzen und dieses zu ändern, kann ebenfalls aus der Situation oder sogar vom gesamten Aufenthalt ausgeschlossen werden.

Konsequenzen bei Red-Flag-Verhalten

Verhalten, das wir als sogenannte Red Flags definieren, hat unmittelbare Konsequenzen und kann zum Ausschluss aus der aktuellen Situation oder sogar zum vollständigen Aufenthalt in Libken führen. In solchen Fällen spricht die für Security zuständige Person einen Platzverweis aus und macht auf unser Hausrecht aufmerksam. Wird diesem Verweis nicht Folge geleistet, wird die Polizei gerufen.

Bei einem Verweis wird die Person aufgefordert, das Gelände zu verlassen. Tagsüber mit dem ÖPNV (Bus und Zug). Ein Handout mit Taxinummern und Bahnverbindungen liegt bereit. Bei nächtlicher Abreise kann u. U. ein Fahrdienst zum Bahnhof organisiert werden. Dabei gilt: niemals allein mit der Person im Auto.
Sollte eine sofortige Abreise nicht möglich sein (z. B. aufgrund von Alkohol-/Drogenkonsum, akuter Selbstgefährdung oder ausfallender Verbindungen), und es die Umstände bzw. das Verhalten erlauben, stellen wir vorübergehend einen Schlafplatz zur Verfügung.

Umgang mit Yellow-Flag-Verhalten

Yellow Flags sind Situationen oder Verhaltensweisen, auf die wir hingewiesen werden oder bei denen unser Bauchgefühl sagt, dass etwas nicht stimmt. In solchen Fällen sprechen wir das Verhalten an und sprechen eine Verwarnung aus und beobachten, ob sich das Verhalten verändert.

Wenn sich jemand bedroht fühlt, werden die beteiligten Personen getrennt angehört. Awareness Person und Security Person können sich im Anschluss zusammensetzen und gemeinsam einen weiteren Umgang verhandeln. Sollte keine Veränderung erkennbar sein, behalten wir uns vor, wie bei einer Red Flag zu handeln und einen Ausschluss auszusprechen.

Für Betroffene

Du fühlst dich nicht sicher? Dich hat jemand ungewollt angefasst, beleidigt oder bedroht? Dir kommt jemand zu nah? Du hast das Recht, dich sicher zu fühlen! Wenn du dir Unterstützung wünschst oder jemanden zum Reden brauchst, melde dich! Wenn Du siehst, dass eine andere Person Hilfe braucht: Frage bei der betroffenen Person nach oder gib Bescheid.

Ansprechpersonen und Anlaufpunkte

Im Alltag des Residenzbetriebs in Libken ist immer eine Gäste-Care-Person ansprechbar. Du findest ihre Kontaktinformationen auf dem weißen Brett in der Gemeinschaftsküche im Erdgeschoss des mittleren Hausaufgangs.

Bei größeren Veranstaltungen ist immer eine Awarenessbeauftragte vor Ort. Ihr findet die Kontaktmöglichkeit auf einem Poster, einer Infografik, Tafel etc. an einem gut sichtbaren Ort. Ihr könnt auch die Person(en) an der Bar ansprechen, diese sind gebrieft.

Auf dem Poster, Infografik, Tafel findet ihr außerdem diverse Telefonnummern für akute Notsituationen wie bspw. bei Verletzungen, Feuer o. ä.

Für Mitarbeitende in Gäste-Care

Als Gäste-Care-Person bist Du im Alltag des Residenzbetriebs erste Ansprechperson für Residenzgäste. Du musst nicht rund um die Uhr erreichbar sein, aber solltest Anrufe und Nachrichten möglichst zeitnah beantworten. In Notfällen und akuten Konfliktsituationen, in denen sich Betroffene unsicher fühlen und Unterstützung benötigen, solltest Du schnell reagieren und Dir Unterstützung beim Betreiber*innen Team holen.

Awareness bei unseren Veranstaltungen

Vor jeder größeren Veranstaltung trifft sich das Team (Host, Security, Awareness-Beauftragte und weitere Beteiligte) zur Besprechung der Awareness-Organisation für den Abend. Dabei wird entschieden und kommuniziert, wer welche Rollen übernimmt. Die Kurzfassung der Awareness-Leitlinien, Notfallnummern, sowie die Nummer der Awareness-Beauftragten müssen auf einem Plakat gut sichtbar an mehreren Orten auf dem Gelände platziert sein.

Awareness & Security

Bei unseren Veranstaltungen setzen wir zwei unterschiedliche Rollen ein. Die Awareness-Person ist ansprechbar bei emotional belastenden Situationen, unterstützt bei der Konfliktklärung und bietet einen geschützten Raum für Gespräche mit Betroffenen. Die Security-Person ist für die klare Durchsetzung des Hausrechts zuständig und greift ein, wenn es zu übergriffigem Verhalten, Grenzverletzungen oder Red-Flag-Situationen kommt. Beide Rollen arbeiten unabhängig voneinander, sind aber im Austausch.

Evakuierungsplan & Rückzugsraum

Im Rahmen der Vorbesprechung jeder Veranstaltung wird auch ein einfacher Evakuierungsplan festgelegt. Dabei bestimmen wir einen Raum auf dem Gelände, der als sicherer Rückzugsort dient. Dieser verfügt immer über einen zweiten Fluchtweg. Zudem wird eine Informationskette definiert, damit im Ernstfall schnell, koordiniert und für alle nachvollziehbar gehandelt werden kann. Dieser Plan ist insbesondere für den Fall gedacht, dass externe Störer, etwa mit politisch motivierten Absichten, versuchen, eine unserer Veranstaltungen zu stören.

Gesprächsleitfäden

Handlungsanweisungen im Umgang mit Betroffenen – oder: wenn jemand mit dir über etwas spricht, das ihr*ihm passiert ist:

– Versuche der betroffenen Person empathisch und ohne zu urteilen zuzuhören. Biete einen ruhigen und geschützten Ort zum Gespräch an.
– Frage, wie Du die Person unterstützen kannst und versuche, ihre Bedürfnisse zu erfüllen, ohne deine eigenen Grenzen zu vergessen.
– Urteile nicht über ihre Erfahrung und versuche nicht, die Situation zu untersuchen/herauszufinden „was wirklich passiert ist“.
– Höre aufmerksam zu und sei geduldig. Das Ziel ist, die Bedürfnisse der betroffenen Person zu verstehen.
– Gib der betroffenen Person Zeit und respektiere, wenn sie nicht mit jemand anderem über die Situation sprechen möchten.
– Teile ohne ihre Zustimmung keine Informationen mit anderen.
– Vermeide schnelle Lösungen finden zu wollen. Es geht um Unterstützung, nicht um Effizienz.
– Wenn dich das Thema belastet, prüfe, ob du an dieser Stelle oder in diesem Moment helfen kannst. Wenn nicht, hole dir selbst Unterstützung bzw. finde jemand anderen.
– Respektiere die Wünsche der betroffenen Person, z. B. wenn sie nicht möchte, dass weitere Konsequenzen aus der Situation gezogen werden.

Handlungsanweisungen im Umgang mit Beschuldigten – oder wenn du mit jemandem sprichst, der Schaden verursacht hat:

– Stelle dich vor und frage nach dem Namen der beschuldigten Person.
– Sprich konkret über das, was der beschuldigten Person vorgeworfen wird. Gib der Person die Möglichkeit, sich dazu zu äußern.
– Falls es sich um eine Red Flag handelt, erkläre der Person die Konsequenzen (Ausschluss bzw. Polizei).
– Falls es sich um eine Yellow Flag handelt, finde im Gespräch heraus, ob die Person bereit ist, ihr Verhalten zu ändern. In Absprache mit der Awareness-Beauftragten bzw. der betroffenen Person kann entschieden werden, ob die Person weiter an der Veranstaltung teilnehmen kann.
– Bleibe freundlich und offen, auch wenn das Gespräch unangenehm ist.
– Erkläre, dass du nicht urteilst, sondern für die Sicherheit vor Ort zuständig bist, bzw. dafür, dass die im Code of Conduct festgelegten Werte und Regeln eingehalten werden.
– Ermutige die Person, aus dem Vorfall zu lernen, und biete Unterstützung an, falls sie das Gespräch mit jemand anderem fortsetzen möchte.
– Betone die Vertraulichkeit des Gesprächs, damit sich die Person sicher fühlt.

Nachbereitung von Vorfällen

Nach einem Vorfall findet spätestens am folgenden Tag eine gemeinsame Nachbesprechung zwischen Security, Awareness, Host der Veranstaltung und dem Betreiber*innen Team statt. Ziel ist es, den Vorfall sorgfältig zu dokumentieren, ein Protokoll zu erstellen und das weitere Vorgehen abzustimmen. Dabei wird geprüft, ob externe Unterstützung durch Expert*innen notwendig ist. Betroffene Personen können auf Wunsch bei der Suche nach geeigneten Beratungs- oder Unterstützungsstellen begleitet werden. Wir stellen dazu Kontakte und Informationen zur Verfügung. Außerdem wird in diesem Rahmen entschieden, ob rechtliche Schritte gegen die beschuldigte Person eingeleitet werden sollen.

Wichtige Telefonnummern für Notfälle

Polizei: 110
Feuerwehr: 112
Krankenwagen: 112
Giftnotruf: 030 / 19240
Krisennotruf / Seelsorge: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 116 016
Hilfetelefon Sexueller Missbrauch: 0800 22 55 530

Notaufnahme Krankenhaus Prenzlau:
Stettiner Straße 121
17291 Prenzlau
Tel: 03984 33-380